Transit durch Turkmenistan

All travel has its advantages. If the passenger visits better countries, he may learn to improve his own. And if fortune carries him to worse, he may learn to enjoy it.  Samuel Johnson

Obwohl mir vier Tage verblieben, um Turkmenistan zu durchqueren brauchte ich lediglich 48 Stunden um vom Iran ein- und nach Usbekistan auszureisen. Da mag man sich fragen, warum solche Eile …

Ganz einfach: Ich hatte schlichtweg nicht dass Gefühl, dass man hier herzlich willkommen ist. Alleine ein 5-Tages Transit-Visum zu erhalten ist nicht einfach und wird zeitweise nur ausgestellt, wenn man einen Guide bucht, welcher einen durch das Land geleitet. Das kostet dann natürlich extra und nicht gerade wenig. Mir blieb ein Begleiter glücklicherweise erspart.

Während die Ausreise aus dem Iran recht problemlos von Statten ging, empfingen mich die Turkmenen alles andere als mit offenen Armen. Es ging schon damit los, dass ich meine Adventure auf einer riesigen Fläche und unter Aufsicht eines Soldaten frontal vor dem Gebäude parkte und nachdem ich bereits abgestiegen war, mich der Soldat anwies, längst zu parken. Da war rein gar nichts weit und breit und es machte auch überhaupt keinen Unterschied. Zudem war mein Motorrad das einzige Fahrzeug … aber gut, parken wir das Bike eben längs zum Gebäude. Das war der Auftakt zu einem mehrstündigen, bürokratischen Prozedere.

Bei der Migration wollte man mein Hotel für die erste Nacht wissen, welches ich noch gar nicht gebucht hatte. Nach langen Diskussionen nahm ich das Hotel Ashgabat, in der Hoffnung, es gäbe dort auch einen sicheren Platz für das Motorrad. Dann wurden die ersten 12 USD fällig und man schickte mich zur Bank (lediglich ein Raum nebenan), wo mir eine „entzückende“ Dame genervt die Rechnung machte. Als ich ihr sagte, ich hätte Euro dabei, blickte sie nicht einmal auf und meinte nur „Then go back to Iran. By, by !“ Das hätte ich liebend gerne getan, nur hatte ich weder ein Visum zur Mehrfacheinreise in den Iran, noch würde das mein Problem lösen nach Usbekistan zu gelangen. Jedenfalls waren Euro ganz augenscheinlich eine wenig zu gebrauchende Währung hier zu Lande und es gab auch keine Wechselstuben and der Grenze. Flexibel sieht anders aus. Ich hatte aber noch meine Iranischen Real in Turkmenische Sol gewechselt und bot der Dame lokale Währung an, welche sie zu meiner Überraschung akzeptierte. Dann zahlte ich noch für einen Veterinär (warum auch immer), schloss eine Versicherung für das Motorrad ab, zahlte eine Art Kompensation für den niedrigen Spritpreis, abhängig von der Route durchs Land und wurde für administrative Kosten und was weiß ich noch alles zur Kasse gebeten … am Ende gab es viele von Hand ausgefüllte Zettel und ich war um ca. 90 USD leichter. Jeder fragte mich so ziemlich das Gleiche und erfand das Rad von neuem und als ich dachte, ich hätte den bürokratischen Marathon hinter mir, machten sich mehrere Zollbeamte zur gleichen Zeit daran, mein Gepäck zu durchsuchen. Ich musste ihren Euphorismus ein wenig zügeln, um den Überblick zu behalten. Selbst der Schlafsack und die Isomatte wurde ausgepackt … dann war ich jedoch im Land und sah meiner Nacht in Ashgabat entgegen.

Turkmenistan, reich an Öl- und Gasvorkommen, ist ein totalitärer Kontrollstaat, Internet ist reglementiert und Englisch wird kaum gesprochen und vermutlich auch nur wenig gefördert. Dafür erfreute sich die wenig bekannte Wüstenrepublik bis 2006 eines narzisstischen Diktators namens Niyazov, der sein Volk als „Turkmenbashi“ (Führer der Turkmenen) regierte und das Land mit goldenen Statuen seiner selbst dekorierte. Auch Bilder des amtierenden Präsidenten in verschiedensten Posen sind allgegenwärtig und finden sich sowohl in ärmlich eingerichteten Grenzbüros als auch an den pompösen Gebäuden in Ashgabat.

Mit seinen weißen Gebäuden, goldenen Verzierungen, künstlich angelegten Parks und zeitweise spiegelglatten Strassen wirkt Ashgabat nicht wenig bizarr und protzig im Vergleich zum Rest des Landes. Doch das half mir wenig am Abend des Champions-League Finales. Ich fand keine Möglichkeit, das Endspiel gegen Mitternacht live zu sehen und mangels Internet erfuhr ich erst am nächsten Abend in Mary, wer das Spiel eigentlich gewann.

Es waren nur 360 Kilometer von Ashgabat nach Mary. Klang nicht gerade wie eine größere Herausforderung und doch war ich mehr als froh, dass das Bike in einem Stück in Mary ankam. Nach mehr als 9.000 Kilometern auf der Strasse, wurde dieser Sonntag Nachmittag bei 36 Grad zu einer physischen Tortur für Mensch und Maschine. Die Strasse war zwar asphaltiert, aber das sagt leider rein gar nichts. Der Zustand war derart katastrophal, dass das Bike sich über Stunden wie ein wilder Gaul verhielt und über tausende von Löchern, Asphaltdellen und Bruchstücken dahin galoppierte. Ich sah mich gezwungen, einen Großteil der Strecke stehend zu fahren. In einem Stück angekommen, suchte ich mir auf Umwegen mein Hotel, nahm eine spärliche Mahlzeit in einem Truckstop ein und war im Bett. Damit wurde an diesem Sonntag auch eindrucksvoll klargestellt, dass von nun an weniger die Distanz mein Tagespensum bestimmen würde als vielmehr die Strassenbedingungen.  Am nächsten Tag gegen Mittag war ich jedenfalls an der nördlichen Landesgrenze, passierte Zoll und Migration und wurde am letzten Grenztor der Turkmenen noch einmal zurückgeschickt, da ich wohl einen Kontrollposten übersehen hatte. Dann war ich in Usbekistan, wo die Grenzer mich wieder freundlich begrüßten und mir trotz des bürokratischen Prozedere sehr hilfreich zur Seite standen. Auch ein Schriftzug in Englisch ließ auf bessere Zeiten hoffen:“Welcome to Usbekistan“.